Umfangreicher kann eine Jahreshauptübung einer freiwilligen Feuerwehr wohl kaum sein: Ein Brand in einem Industriegebäude mit Bürohaus, Menschenleben in Gefahr, deshalb Vollalarm für die örtliche Wehr. Das komplette Programm eines umfassenden Brandgeschehens bewältigten die Einsatzkräfte unter dem Kommando von Stadtbrandmeister Frank Müller am Samstag. Mit einer Neuerung, die sich gleich bewährt hat.
Alles, was zur Feuerwehr Rottweil gehört, machte sich am Samstagnachmittag auf zur Saline, zu BDT. Die Übungsannahme: Im Produktionsbereich des Gebäudes ist ein Feuer ausgebrochen, dichter Qualm dringt heraus, die Brandmelder schlagen an. Der Rauch zieht, weil eine Brandschutztür nicht geschlossen ist, weiter ins Bürogebäude. Überall in dem weitläufigen Bau sind Menschen. Sie kommen nicht mehr hinaus, sind in akuter Gefahr.

Aber: Selbst der Kommandant wusste das alles zunächst nicht. Er hatte, wie die örtliche Presse, zuvor erfahren, dass der Einsatzort bei BDT sei. Den Rest hatten seine drei Stellvertreter Markus Württemberger, Joachim Wollstädt und Rainer Knoblauch ausklamüsert. Und für sich behalten.
Die Übung begann als BMA 1, also auf kleinster Stufe. Das bedeutet, dass Brandmelder ausgelöst haben. Der erste Wagen rückt aus, hier aus der Altstadt, Frank Müller setzt sich in seinen Kommandowagen, es geht los. Um 14 Uhr war das. Die Altstädter, als erste vor Ort, sehen die starke Rauchentwicklung, informieren über Funk den Kommandanten, der erhöht das Einsatzstichwort auf B 3, bestätigter Brand. Vor Ort erkennt er das Ausmaß, erhöht zunächst auf B 4, Gebäudebrand, dann auf B 5, und alle Rottweiler Feuerwehrabteilungen, alle Wagen, einfach alles wird alarmiert. Wasserversorgungen aus dem Hydranten, aus dem nahen Neckar werden aufgebaut, die Drehleiter und die Hubarbeitsbühne werden aufgestellt, unter Atemschutz dringen Einsatzkräfte in das Gebäude vor. Einsatzabschnitte werden gebildet mit eigenen Abschnittsleitern, die Menschenrettung läuft, die Brandbekämpfung, die Sachwerterhaltung. Alles unter den aufmerksamen Augen der drei Stellvertretenden Stadtbrandmeister Württemberger, Wollstädt und Knoblauch. Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf ist ebenfalls da, er hat den Sohn seiner Partnerin, Emilio, dabei, beide verfolgen das Geschehen mit Spannung.

OB Ruf wird anschließend die große Ruhe loben, unter der die Feuerwehrleute gearbeitet hätten. „Wir sind mit über 100 Mann bei der Übung dabei“, sagte er, „es ist sehr beeindruckend zu sehen, mit welcher Ruhe die Kräfte das abarbeiten. Das verschafft ein gutes Gefühl für den Ernstfall.“ Es sei „nicht hoch einzuschätzen, was die Kameradinnen und Kameraden hier ehrenamtlich abreißen.“
Auch der Firma BDT gegenüber zeigte Ruf sich ebenso wie Mitorganisator Joachim Wollstädt sehr dankbar. Das Gebäude zu Übungszwecken zur Verfügung zu stellen, das kam allgemein gut an. Seitens des Unternehmens war an diesem Nachmittag Markus Müller vor Ort – mit der BDT-Jacke, nicht in der zu diesem Anlass sonst üblichen Feuerwehr-Einsatzkleidung, denn er gehört auch zur Rottweiler Wehr.
Übrigens, weil das vielleicht gar nicht so bekannt ist: BDT gilt als weltweit führend in Datenspeicherung und Medienhandhabung. Weltweit hat der Konzern sieben Standorte mit rund 300 Mitarbeitenden. Und die Unterstützung für die Feuerwehr, die geben sie laut BDT-Mann Müller „immer und gerne“.
20 Menschen retteten die Einsatzkräfte im Rahmen der Übung aus dem Gebäude – über die Hubarbeitsbühne, die Drehleiter, Steckleitern und sogar auf Händen. Sie übergaben sie dem Roten Kreuz, das ebenfalls mit einigen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern vor Ort war und die Übungs so umso realistischer machte.
41 Minuten benötigten sie fürs Löschen des Feuers, für die Befreiung der Menschen, der Rottweiler Feuerwehrsprecher Felix Daute notierte die Zeit. Und er bestätigte die Zahl, die auch OB Ruf genannt worden war: 100 Einsatzkräfte konnte die Feuerwehr Rottweil an diesem Samstag zu dieser Übung mobilisieren. In 19 Fahrzeugen waren sie vor Ort.
In einem davon kam die Abteilung aus Hausen an. Mit dem bis dahin als Gruppenführer eingeteilten Tobias Weiß. Er arbeitet sonst auf der Leitstelle des Landkreises, hat unlängst eine Verbandsführer-Prüfung abgelegt – und lief am Samstag Einsatzleiter Frank Müller in die Arme. Dieser machte ihn kurzerhand zum „Taktischen Führer“, einer neu geschaffenen Position, die bei großen Lagen direkt unter dem Kommandanten angesiedelt ist und sich um die Umsetzung von dessen Kommandos durch die Zugführer kümmert. Eine Einsatzkraft, die dem Kommandanten Freiraum für den Überblick geben soll und die auch eng mit der Führungsgruppe zusammenarbeitet, die dem Kommandanten wiederum zur Seite steht. Eine Konstellation aus mehreren erfahrenen Feuerwehrleuten, die dafür sorgen soll, dass im Ernstfall nichts, aber auch gar nichts übersehen wird oder schiefläuft. Oder nicht umgesetzt wird.

Das hat offenbar bestens geklappt. Weiß legte seine Feuertaufe als Taktischer Führer ab, Müller war mit ihm und mit der Position dieser Kraft im Einsatzgeschehen sehr zufrieden. Ohnehin: Gefragt, ob es etwas gebe, was an diesem Samstagmittag schiefgelaufen sei, dachte Müller lange nach – und kam auf rein gar nichts. Es hätten alle toll mit- und die ihnen zugewiesenen Aufgaben abgearbeitet, es hätten sich keine Probleme offenbart. Außer vielleicht mit dem in die Jahre gekommenen Einsatzfahrzeug der Führungsgruppe, das der Aufgabe nicht mehr gewachsen sei, so Müller. Hier wird er Ersatz beschaffen wollen. Oder lassen wollen – das Auto gehört dem Landkreis.

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Alle Fotos: Peter Arnegger



























































































